Das Interessanteste an Literatur wie Science-Fiction, an Theorien wie der von Entwicklungsstufen oder an sich daraus ergebenden Mischformen wie Protopie ist der Aspekt der Zeit.

Denn ihre Inhalte, Umsetzungen und Ergebnisse kommen immer und immer näher, die Abstände zwischen ihnen werden kürzer und kürzer, und vieles wird als eine Art Just-in-time-Futurismus klar. Sich mit Artefakten wie diesen auseinanderzusetzen bedeutet, dass etwas Sonderbares geschieht: Gegenwart, nahe Zukunft und Vergangenheit verschmelzen vor unseren Augen.

Es zeigen sich Nebel und gleichzeitig Muster von Grenzen und Verbindungen, von Unterschieden und Gemeinsamkeiten. In unserer Bedeutungskonstruktion versuchen wir, sie mit unseren Agenden zu steuern, wenn wir einer eleganten Einsicht folgen, oder wir finden uns beim Entziffern im Kaninchenbau der Komplexität wieder, wenn wir sie deuten wollen.

Die Ideen, Konzepte und Wirklichkeiten lassen an diesem Punkt dabei immer wieder ihre Vernetzung durchschimmern – und weil sie miteinander vernetzt sind, ändern sie tatsächlich Dinge.

Die Vergangenheit, die Zukunft und das Jetzt finden gleichzeitig statt, während uns der Zeitpfeil dabei die Richtung vorgibt, offenbart uns unser Wissen über die Grundfeste des Universums. Und was auf kosmischem Maßstab konvergiert, will auch unser gewöhnlicher Alltag wirklich werden lassen, wie William Gibson indirekt bemerkte, als er schrieb, dass die Zukunft bereits da sei, nur noch nicht gleichmäßig verteilt. Wenn wir bemerken, dass andere in der Zukunft zu leben scheinen, warten wir tatsächlich nur in der Vergangenheit darauf, dass sie unsere Gegenwart wird. Und die Vergangenheit selbst zieht fein durch unsere Wahrnehmung, dass nichts wirklich neu ist, wenn wir sie bemerken.

Diese „Jetztheit“ findet sich leicht an Orten, an denen sie erst wie Blasen und dann wie Schaum in unsere Wahrnehmung gespült werden kann, besonders in digitalen Räumen wie sozialen Medien: Ströme von Referenzen, alles vermischt, alles Dinge, die nur darauf warten, dass wir sie in unser eigenes Jetzt hier holen. Unsere Wirklichkeit war, ist und wird aus dem Netzwerk.

Und dieses Netzwerk ist eine emergente Eigenschaft des Internets, dessen Infrastruktur wir seit Jahrzehnten schaffen, das auf anderer Infrastruktur aufbaut, sie erschafft oder selbst durchdringt, physisch wie auch kulturell.

Netzwerke selbst sind unsichtbare Landschaften, die Untiefen und die Meeresböden. Die Dinge fließen über sie, sie lassen unterschiedliche Frequenzen zu, sie brechen und kanalisieren, letztlich aber sind sie Schichten derselben Welt, die einen Netzwerkeffekt hat, der dadurch entsteht, dass plötzlich sichtbar wird, wie ungleichmäßig unsere Zukunft verteilt ist.

Netzwerk-Realitäten sind die, die im und über das Netzwerk hinaus passieren. Es sind Realitäten, die nah an der Schnittmenge unserer Realität sind und in unsere konvergieren wollen: Was sein kann, und nicht länger nur, was sein könnte. Sie sind Verbindungen in Echtzeit; vernetzt, weil sie an einem Ort entspringen, der durch unsere technologische Verbundenheit erst möglich geworden ist. Im Netzwerk finden sich Zusammenstellungen vieler derzeit möglicher Weltlinien, gesehen von der nahezu unbewussten Überlagerung des Netzes.

Es sind Realitäten, da sie genau jetzt passieren, die allerdings ohne das Netzwerk nicht existieren könnten. Das Internet ist dabei kein Medium. Das ist das, was Menschen, die bereits mit dem Internet aufgewachsen sind, unbewusst verstehen: Wir haben das Internet als ein Medium wie die klassischen Medien behandelt, allerdings ist es ein Kontext.

Das Bedürfnis nach Existenz ist jetzt ein hybrider, digitaler Zustand. Alles strebt danach, digital zu sein, es strebt nach der Fähigkeit, vernetzt zu sein. Alles wird daraufhin konstruiert und aufgebaut, bereit alles niederzureißen, sobald der Zeitpunkt gekommen ist. Das Netzwerk ist, was wir erbaut haben, weil es das ist, was wir brauchen: die Konvergenz unserer Werkzeuge und unserer Wünsche, eine Maschine, die unbewusst erschaffen wurde, um unbewusst zu erschaffen.

Dieses Blog ist ein Versuch, das zu tun, was ich als langes Online-Schreiben betrachte, ein Schreiben mit der gleichen Bandbreite an Argumenten und der gleichen Kontinuität des Denkens wie beim Schreiben von Büchern, nur im Netzwerk lebend, natürlich und fließend darin. Schreiben mit einer Neigung, die als Information geformt, mobil und replizierbar ist. Texte, die sich mit Vergänglichkeit und Fragmentierung wohlfühlen.

Und während ich das tue, warte ich nur darauf, dass das Netzwerk seine wahre Form offenbart.

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