In Unternehmen ist effektive Kommunikation und Zusammenarbeit entscheidend für den Erfolg. Doch oft führen unterschiedliche Perspektiven, Prioritäten und Kommunikationsstile zu Missverständnissen, Konflikten und Ineffizienzen. Um diese Herausforderungen zu meistern und das volle Potenzial von Teams und Organisationen zu entfalten, braucht es einen Ansatz, der Entwicklung und Verständigung systematisch fördert.

Übersicht

Das Koordinatensystem: Ebenen des Denkens und Handelns und Grad der Übereinstimmung

Das Modell der entwicklungsförderlichen Kommunikation basiert auf einem zweidimensionalen Koordinatensystem, das die Ebenen des Denkens und Handelns (vertikal: Why, How, What) und den Grad der Übereinstimmung (horizontal: -3 bis +3) von Aussagen und Antworten abbildet.

Die vertikale Achse unterteilt sich in drei Ebenen:

  • Why (W): Sinn, Zweck, Werte und Überzeugungen
  • How (H): Strategien, Prozesse und Vorgehensweisen
  • What (Wh): Konkrete Fakten, Maßnahmen und Ergebnisse

Die horizontale Achse bildet den Grad der Übereinstimmung auf einer 7-stufigen Skala ab:

  • -3: starker Widerspruch
  • -2: mittlerer Widerspruch
  • -1: leichter Widerspruch
  • 0: neutral
  • +1: leichte Zustimmung
  • +2: mittlere Zustimmung
  • +3: starke Zustimmung

Aussagen und Antworten im Koordinatensystem verorten

In Meetings, E-Mails, Chats oder anderen Formen der Unternehmenskommunikation gilt es nun, Aussagen und Antworten in diesem Koordinatensystem zu verorten. Dazu bestimmt man zunächst die Ebene (W, H, Wh) und dann den Grad der Übereinstimmung (-3 bis +3).

Beispiel:

  • Aussage A: "Dieses Projekt ist eine großartige Gelegenheit, unsere Mission voranzubringen und einen echten Unterschied zu machen." (W+2)
  • Antwort B: "Ja, aber haben wir dafür überhaupt die nötigen Ressourcen? Ich sehe da noch viele offene Fragen." (Wh-1)

Prinzipien für entwicklungsförderliche Antworten

Um auf Antworten wie B entwicklungsförderlich zu reagieren, sind folgende Prinzipien hilfreich:

  1. Die Perspektive des Gegenübers wertschätzen und den sachlichen Kern aufgreifen.
  2. Die Verbindung zu übergeordneten Ebenen (Why, How) herstellen und vertiefen.
  3. Neue Denk- und Handlungsräume eröffnen, ohne zu überfordern.
  4. Unterschiedliche Perspektiven integrieren und füreinander fruchtbar machen.
  5. Schrittweise in Richtung eines tieferen Verständnisses (Why) und einer stärkeren Übereinstimmung (+3) navigieren.

Handlungsanweisungen für die verschiedenen Quadranten

Je nachdem, in welchem Quadranten des Koordinatensystems sich die Aussage A und die Antwort B befinden, sind unterschiedliche Handlungsschritte für eine entwicklungsförderliche Antwort C sinnvoll:

B ist auf einer höheren Ebene und stimmt stärker zu als A (z. B. A: Wh+1, B: H+2):

  • Die erweiterte Perspektive von B wertschätzend aufgreifen und vertiefen (z. B. C: H+3).
  • Mögliche Implikationen und Umsetzungsschritte auf der What-Ebene explorieren (z. B. C: Wh+2).

Oder:

B ist auf einer niedrigeren Ebene und stimmt weniger zu als A (z. B. A: W+2, B: Wh-1):

  • Den sachlichen Kern von B ernst nehmen und konstruktiv prüfen (z. B. C: Wh+1).
  • Die übergeordnete Sinnperspektive von A verstärken und mit B verknüpfen (z. B. C: W+2).
  • Einen neuen Lösungsraum auf der How-Ebene eröffnen (z. B. C: H+2).

Oder:

B ist auf derselben Ebene wie A, stimmt aber weniger zu (z. B. A: H+2, B: H-1):

  • Die Bedenken von B wertschätzend aufgreifen und ernst nehmen (z. B. C: H+1).
  • Gemeinsam nach Lösungen und Synergien suchen, die beide Perspektiven integrieren (z. B. C: H+2).
  • Die übergeordnete Sinnperspektive als verbindendes Element einbringen (z. B. C: W+2).

Oder:

B ist auf derselben Ebene wie A und stimmt stärker zu (z. B. A: Wh+1, B: Wh+2):

  • Die Zustimmung von B wertschätzend aufgreifen und bestärken (z. B. C: Wh+3).
  • Die Implikationen für die übergeordneten Ebenen herausarbeiten (z. B. C: H+2, W+1).
  • Konkrete nächste Schritte und Verantwortlichkeiten vereinbaren (z. B. C: Wh+3).

Relative Bezüge berücksichtigen

Neben der absoluten Position im Koordinatensystem sind auch die relativen Bezüge zwischen Aussage A und Antwort B wichtig für die Gestaltung einer entwicklungsförderlichen Antwort C. Dabei können verschiedene Konstellationen auftreten:

B ist eine Ebene höher als A (z. B. A: Wh+1, B: H+2):

  • Die erweiterte Perspektive von B wertschätzen und mit der Ausgangsebene von A verknüpfen.

Oder:

B ist eine Ebene niedriger als A (z. B. A: W+2, B: H-1):

  • Den sachlichen Kern von B ernst nehmen und mit der übergeordneten Ebene von A in Beziehung setzen.

Oder:

B stimmt auf derselben Ebene stärker zu als A (z. B. A: H+1, B: H+2):

  • Die Zustimmung von B aufgreifen und als Ausgangspunkt für eine vertiefte Exploration nutzen.

Oder:

B stimmt auf derselben Ebene weniger zu als A (z. B. A: Wh+2, B: Wh-1):

  • Die Bedenken von B wertschätzen und als Anlass für eine differenzierte Betrachtung nutzen.

Spezialfälle: Veränderung nur einer Dimension

Neben den Übergängen zwischen den Quadranten gibt es auch Fälle, in denen sich nur eine der beiden Dimensionen (Ebene oder Übereinstimmung) verändert, während die andere konstant bleibt. Auch diese Fälle erfordern eine differenzierte Betrachtung und Ansprache.

Veränderung nur der Ebene (z. B. A: Wh+1, B: H+1):

  • Die Perspektiverweiterung von B wertschätzen und mit der Ausgangsebene von A verknüpfen.
  • Die Implikationen für die jeweils andere Ebene (Why oder What) herausarbeiten.

Oder:

Veränderung nur der Übereinstimmung (z. B. A: H+1, B: H-2):

  • Die Gründe für die verringerte Übereinstimmung explorieren und ernst nehmen.
  • Gemeinsam nach Lösungen und Synergien suchen, die beide Perspektiven integrieren.
  • Die übergeordnete Ebene (Why) als verbindendes Element einbringen.

Ziel: Entwicklung hin zu sinn- und werteorientierten, systemischen und lösungsfokussierten Formen der Kommunikation

Das übergeordnete Ziel des Modells ist es, durch einfühlsame und präzise Ansprache schrittweise in Richtung einer sinn- und werteorientierten (Why), systemischen (How) und lösungsfokussierten (What) Kommunikation zu navigieren, die ein tiefes Verständnis, eine hohe Übereinstimmung und eine effektive Zusammenarbeit ermöglicht.

Dabei ist es wichtig, die Antworten möglichst prägnant und fokussiert zu halten, um die Aufnahmebereitschaft zu erhöhen und den Dialog nicht durch Überkomplexität zu erschweren. Auch sollte man stets die eigene Perspektive und mögliche blinde Flecken reflektieren, um nicht unbewusst die eigene Sichtweise als überlegen oder allgemeingültig darzustellen.

Stattdessen geht es darum, die Perspektive des Gegenübers zu würdigen und schrittweise zu erweitern, ohne dabei die Verbindung zu verlieren oder Widerstände zu provozieren. Das erfordert eine hohe Präsenz, Achtsamkeit und Flexibilität, um immer wieder die Balance zwischen Anschlussfähigkeit und Erweiterung zu finden.

Fazit: Kommunikation als Entwicklungschance begreifen

Insgesamt bietet dieses Modell eine Orientierungshilfe, um die Dynamiken in der Unternehmenskommunikation besser zu verstehen und entwicklungsförderlich zu gestalten. Es lädt uns dazu ein, Kommunikation als Entwicklungschance zu begreifen und gemeinsam an einem tieferen Verständnis, einer stärkeren Übereinstimmung und einer effektiveren Zusammenarbeit zu arbeiten.

Dabei ist es wichtig, das Modell nicht als starres Schema, sondern als flexibles Werkzeug zu verstehen, das an die jeweiligen Kontexte und Bedürfnisse angepasst werden muss. Es erfordert Übung, Einfühlungsvermögen und Selbstreflexion, um die richtigen Ansatzpunkte und Formulierungen zu finden und den Prozess der gemeinsamen Entwicklung zu gestalten.

Wenn wir uns darauf einlassen, kann Kommunikation in Unternehmen zu einem Raum werden, in dem wir einander inspirieren, unterstützen und herausfordern. Indem wir die Perspektiven und Anliegen der anderen wertschätzen und integrieren, können wir gemeinsam neue Möglichkeiten des Denkens, Handelns und Zusammenarbeitens erschließen – und so zu einer sinnerfüllteren, effektiveren und nachhaltigeren Unternehmenspraxis beitragen.

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